Schneezauber (Epilog)

Liebe Frau Holle,

es ist an der Zeit Dir ein paar Zeilen zu schreiben.
Die letzten Schneehaufen schmelzen gerade dahin, überall tropft es von den Bäumen und die ersten Schneeglöckchen zeigen sich.

Und Du? Du darfst in Deine wohlverdiente Frühlingspause gehen.

Du warst dieses Jahr so fleißig. Nicht nur einmal hast du die Daunenkissen so feste geschüttelt, dass sogar hier unten, am Fuße der Berge, alles von einer weißen Decke eingehüllt wurde.
Die Welt wurde ganz still und ruhig. Alles ganz verzaubert und unberührt…
Das ist jedes mal wie Magie!

Jedes einzelne Schneekristall wie ein kleines Kunstwerk, einzigartig und wunderschön.

Aber damit ja noch nicht genug.
Auch wundervolle Eisblumen hast du an die Fenster gemalt. So dass wir staunend davor standen. Wie ein kleine Sternennacht, da musst Du dich hinter keinem Künstler verstecken.

Man sollte meinen, an dieser Stelle wäre es genug der Schönheiten. Doch Du gingst noch einen Schritt weiter und hast die Bäche und Pfützen mit Eis überzogen.
Das Knacken und Krachen beim darüber Laufen wird mir noch lange eine wunderbare und fröhliche Melodie in den Ohren sein.

Unser Dorf lag in einem tiefen Winterschlaf. Die Autos blieben stehen und der Lärm wurde durch die weiche, weiße Decke geschluckt.
Einzig allein das Knirschen des Schnees unter den Füßen war zu hören.

Wie oft bin ich schon über diese Brücke gegangen, sie ist mir wohl vertraut.
Doch mit deinem weißen Kleid überzogen, erstrahlte sie in ganz besonderer Schönheit. Als hätte sie sich für einen besonderen Ball herausgeputzt.

Auch der Bach darunter, im Sommer nur ein kleines Rinnsal, immer leise vor sich hinplätschernd, war verstummt. Erstarrt.
Wie eine Einladung selbst ein mal still zu stehen und in sich rein zu hören, was unter der Eisschicht noch zu fühlen ist.

Auf den sonst so vertrauten Wegen durch die Wiesen war es fast nicht möglich den Weg auszumachen, so sehr hast Du dich ins Zeug gelegt.

Unbemerktes dahinschlendern war nicht möglich, denn jeder Schritt hinterließ Spuren im Schnee. Man konnte genau verfolgen, woher man kam… und hatte keine Ahnung, wohin man gehen soll.

Du hast es tatsächlich geschafft, dass ich ausgetrampelten Pfade verlassen habe um ganz neue Wege einzuschlagen. Ein klitzekleines Abenteuer, nach dem ich mich so sehr sehnte.

Ich freue mich für Dich, dass Du all die harte Arbeit des Betten aufschüttelns nicht alleine machen musstest.
Du hast Dir Deinen alten Freund Väterchen Frost zur Hilfe geholt.
Mit ihm zusammen hat es sicher gleich noch mehr Freude gemacht.

Und dann begann das wahre WinterWunder:
Die Sonne kletterte über den Horizont und aus der weißen Pracht wurde eine glitzernde und schillernde Diamantenwelt.

Der Himmel sah so blau aus wie selten und leuchtete mit dem strahlenden Weiß um die Wette.

Das warme Licht der tiefstehenden Sonne schmeichelte der Natur und ich konnte mich gar nicht satt sehen an all den leuchtenden Farben.

Da hielt mich nichts mehr drinnen. Kein Berg war zu hoch, kein Weg zu weit… ich wollte nur raus und dieses Spektakel jede Sekunde genießen.
Da hat es nicht mal dein Freund mit seinen eisigen -12 Grad geschafft, mir diese Lust auszutreiben.

Das Leben kroch mir durch jede Ader, eine tiefe und innige Freude breitete sich aus.

Du hast damit sogar das unmögliche geschafft und unsere Teenie-Kinder aus ihrer Winter-Corona-Höhle gelockt. Auch sie wollten den Schnee spüren, riechen und schmecken.
Mit allem was dazu gehört: Schneemann bauen, Schlitten fahren, Schneeballschlacht… das helle Lachen der Kinder im ganzen Dorf.

Im Gegensatz dazu: Dieses ganz feine Geräusch, wenn zarter Schnee leise von den Ästen der Tannen rieselt…
Du bist wahrlich vielfältig.

Diese Freude über Dich, liebe Frau Holle, musste ich einfach teilen. Und so habe ich viele dieser wundervollen Momente mit wunderbaren Menschen verbracht.
So werden Erinnerungen erschaffen.

Still und staunend stand ich an mancher Wegbiegung und konnte es kaum fassen, dass sich diese Schönheit einfach so ganz selbstverständlich vor mir ausbreitet.
Du verlangst nicht mal Eintritt für dieses Spektakel! 😉

DANKE!
Danke dafür, dass Du die einsamen, dunklen Stunden erträglicher gemacht hast, dass Du ein Glückblick warst in nicht immer ganz einfachen Zeiten.

Deine Arbeit ist getan, du darfst Deinen Feierabend genießen und kannst zurecht stolz sein auf Dein Werk.

Darf der Frühling nun kommen? Es fühlt sich fast so an.

Ich drück Dich lieb und freue mich jetzt schon, wenn wir uns Ende des Jahres wieder sehen.

Einen kleinen Wunsch hätte ich noch zum Schluss… es wäre phantastisch, wenn Du es vielleicht pünktlich zu Weihnachten schaffst? Aber bitte keinen Stress, ich weiß, du bist viel beschäftigt.

In ewiger Freundschaft,

ein kleines Erdenkind
❤️

Leave a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert