Eine kleine Auszeit am See

Was tut man, mitten im Dezember, wenn man ein paar Tage frei hat, kurz vor dem dritten Advent? Keiner hat Zeit, denn alle anderen müssen arbeiten, zudem sind die Möglichkeiten im Moment doch recht eingeschränkt.

Natürlich wirbeln und organisieren, die letzten Geschenke besorgen und einpacken, das Haus auf Hochglanz polieren und endlich die angesammelten Papiere sortieren…
Das war der ziemlich öde Urspungsplan.

Am Vorabend des Miniurlaubs fiel mir dann ziemlich die Decke auf den Kopf. Mein Problem mit solchen „Orga-Todo-Wurschtel-Tagen“ ist nicht, dass ich mich davor drücken möchte. Mit guter Musik und kleinen Pausen dazwischen können auch das gute Tage sein (vor allem das Ergebnis, das Gefühl, Dinge erledigt zu haben, ist schon nett).

Aber ich vergesse diese Tage. In der Erinnerung verblassen sie und ein halbes Jahr später, sind sie nicht mehr da.
Zudem geht die Zeit mit Todos und Banalitäten immer so schnell vorbei. Aufstehen, ein paar Kleinigkeiten erledigen, auf die Uhr schauen, Zack ist schon Nachmittag.

Und in mir drinnen bleibt es leer.

Heute vor einer Woche saß ich also mit meiner Todo Liste und dem Kalender vor dem Feuer und begann zu planen, was ich alles erledigen möchte.
Das Feuer hat fröhlich im Kamin geflackert und plötzlich war mir klar:
Ich will das eigentlich nicht. Schon die letzten freien Tage war ich „einfach nur zu Hause“.
Das ist auf Dauer nix für mich. Ich möchte neue Orte entdecken, Menschen kennen lernen, viel Zeit haben, um einfach nur den Moment zu genießen.

Kurzerhand habe ich die Liste und den Kalender auf die Seite gelegt, mein Handy gezückt und einige Dinge organisiert…
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

So saß ich also am nächsten Morgen im Zug auf dem Weg zu meinem geliebten Bodensee. 🥰

Und das war eine der besten Entscheidungen seit langem.
Habe ich nicht letztens erst vom „Balance halten“ geschrieben?

Durch diese Auszeit, mit einer perfekten Mischung aus ganz viel Zeit für mich alleine und ein paar zauberhaften Momenten mit ganz wundervollen Menschen, ist meine „Schale der Lebensfreude“ nun wieder bis zum Rand gefüllt. 🌱

Und einfach nur, weil es dort so schön war und ich viel Zeit hatte, schöne Momente mit der Kamera festzuhalten, möchte ich ein paar mit Euch teilen:

Der Austausch mit anderen ist so bereichernd. Gemütlich bei Kerzenschein unter Decken auf dem Sofa lümmeln, ein kühler Gin in der Hand, ganz viel Offenheit und Zeit. Das sind Zutaten für einen wahren Glücksmoment.

Ich bin gelaufen, vieeeeel gelaufen. Und es tat so gut!!
Ich war an Orten, die mir früher etwas bedeutet haben, an denen Dinge geschehen sind, die sich tief in der Erinnerung eingebrannt haben.
Die Zeit und die Ruhe zu haben, um dort zu stehen, einen Moment zu verweilen und die Bilder und die Gefühle die kochkommen, bewusst wahrzunehmen.

Und am Wasser zu sein. Ich weiß nicht, woher der See seine magischen Fähigkeiten hat, aber er verzaubert mich jedes mal aufs Neue!
Wenn dann auch noch die herbeigesehnte Sonne für ein paar Minuten zwischen den Wolken hervorblitzt und das Wasser zu glitzern beginnt,… herrlich!

Sonnenuntergang. Ohne Worte. 🥰

Die Tage sind so kurz. Schon früh beginnt es zu dämmern. Der Mond leuchtet am Himmel und die Lichterpunkte auf den anderen Seeseite lassen den Abend nicht so trostlos erscheinen.
Ist jeder Abend am See sooo wunderschön?

Aber es war bitterkalt. Nach vielen Stunden draußen, hatte ich das Bedürfnis mich etwas aufzuwärmen. Außerdem wollte ich ein paar Gedanken aufschreiben.
Ein ganz fantastischer Ort dafür sind Kirchen. Ich sitze gerne dort, lasse den weiten Raum auf mich wirken… und noch mehr die Stille. Egal wie laut das Treiben vor den Mauern ist, drinnen breitet sich immer Ruhe aus.
Wie ein Geschenk fand an diesem Abend in genau „meiner“ Kirche ein Taizé-Gebet statt.
Nach einem Tag voller Gedanken und Zeit für mich allein, war das gemeinsame Singen mit Anderen bei Kerzenschein der krönende Abschluss.

Am nächsten Morgen war gruseliges Wetter, es ist noch kälter geworden. Bald ging der Regen in Schnee über.
Ich habe mir in der historischen Innenstadt die Zeit vertrieben und vernahm plötzlich mein Lieblingsstück von Vivaldi.
Da saß auf der Markstätte ein Mann mit seinem Akkordeon, ein wirklich begabter Musiker und spielte für – überhaupt niemanden. Alle Menschen eilten einfach vorbei.
Ich stellte meinen Rucksack ab, lächelte ihm zu, lauschte begeistert und bekam ein phantastisches Konzert, gefühlt nur für mich allein!

Für alle nicht Konstanzer. Darf ich vorstellen: Die Imperia.
Diese Statue wurde während meiner Schulzeit erbaut und war sehr umstritten. Die spärlich bekleidete Dame hält in der einen Hand einen Vertreter der weltlichen Macht mit Königskrone, in der anderen einen kirchlichen Würdenträger mit Papsttiara.
Was ich als Jugendliche noch nicht richtig verstand, fasziniert mich heute.
Wer mehr wissen möchte, darf gerne hier nachlesen:

„Die Imperia“ (hier klicken)

Ja, schon wieder eine Kirche. ;o)
Dieses mal das Konstanzer Münster.
Eine Kerze anzünden, ein paar Lieder singen (aber nur ganz leise) und mit staunenden Augen die Architektur bewundern.

Mit schlammigen Wanderschuhen auf historischem Boden…

Auch die Möwen mit ihrem Geschrei gehören einfach zu einem Bodenseebesuch.
Ist sie nicht wunderschön?? (Und sie war für das Foto ganz zutraulich, ich durfte richtig nah dran, ehe sie schimpfend davon flatterte.)

Ich glaube, das wird mein neues Motto. 💦

Zusammenfassend lässt sich sagen:

Ja, die Papiere wurden nicht sortiert, die Geschenke sind noch nicht verpackt, die Wohnung ist nicht tadellos sauber…
aber jede Minute dieses Mini-Abenteuers war es wert!!
😊

Leave a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert